07 April 2016

Philosophischer Salon mit Henry Holland in der Galerie Sarafand, Schleswig-Holstein. Monatlich, ab dem 1. Mittwoch im Mai (04.05.2016).




Nur glücklich? 
Über eine mögliche Überbewertung des glücklichen Seins.
Monatlich ab dem 1. Mittwoch im Mai, wird es in der GALERIE SARAFAND, Schultwiete 2, 24558 Henstedt-Ulzburg (30 Min. von Hamburg), zwischen 19-21 Uhr, vieles zum Besprechen und zum Nachdenken geben. Kommen Sie hin, diskutieren Sie mit: Moderation von Henry Holland. Für alle TeilnehmerInnen, ganz gleich ob ohne oder mit philosophischen Vorkenntnissen. 
Die Glücksforschung boomt. Tagespresse bzw. unsere Newsfeeds berichten ständig über die neuesten Ergebnisse. Es gibt sogar ein Happiness Economics, also eine Wirtschaftsforschung der Glücks-Problematik, die, wenn wir beispielsweise nach der Empfehlung des britischen Ökonoms Richard Layard handeln wollten, der steuerpolitischen Lösungen vorsieht, um mehr Glück in die Welt zu schaffen. Gilt es aber nicht zuerst die Frage zu untersuchen, wo diese andauernde Jagd nach persönlichem Glück überhaupt herkommt? Dieses Glück, das oft nah erscheint, wenn wir die Ratschläge des neusten Selbsthilfe-Ratgebers nur umsetzten, oder wenn wir die Disziplin fänden, um bei der langersehnten Ernährungsumstellung zu bleiben.
Dabei ist die Gewichtung der heutigen Glückssuche geschichtlich gesehen eine Neuerscheinung. Welcher unsere Ahnen,  ob aus der Mittelschicht, ob aus ärmlichen oder reichen Verhältnissen, ob aus Asien, Afrika oder hier aus Norddeutschland, hätte soviel Zeit mit Gedanken zu seinem eigenen Glück verbracht? Damals stand das Ziel ein „gutes“ oder „sinnvolles“ Leben zu führen im Mittelpunkt: Das persönliche Glück wurde weitgehend dieser Priorität untergeordnet. Und was ist die Beziehung zwischen unserer intensiven Beschäftigung mit Fragen des Glücks, im Verhältnis zu unserer aktuellen gesellschaftlichen Situation? Von unseren Regierungen verlangen wir Stabilität und das Einhalten gewisser Lebensstandards. Als mitgestaltende Akteure gesellschaftlicher Prozesse möchten aber die meisten von uns sich nicht mehr sehen.
Um abzuschließen lohnt es sich unbedingt, auf die Philosophen der Antike zu diesem Thema zu hören. Und warum dann nicht gleich mit kritischen Gedanken zum Glücksbegriff des Aristoteles (384–322 v. Chr.?) beginnen? Glück sei das, was der Mensch um seiner selbst willen anstrebt, und nicht, um etwas Anderes damit zu erreichen.”
Eintritt: 15.- Euro. Karten: zu reservieren unter    info@galerie-sarafand.com
Tel 04193 - 6343, oder an der Abendkasse.

16 March 2016

MAX KRUSES TAXI-BARGELD-PANNE WURDE IM LOUIS MACNEICE GEDICHT DIE TAXIS PROPHEZEIT.



Warum hat Kruse auf die MacNeice Prophezeihung 
nicht gehört?
(Bild: © Superbass / CC-BY-SA-4.0. Via Wikimedia Commons.)

Aller Erscheinung nach, hat Max Kruse sein Akzente-Abo irgendwann Ende letzten Sommers verfallen lassen. Sonst wäre er auf die warnenden Worte des anglo-irischen Lyrikers Louis MacNeice im Gedicht Die Taxis aus dem Jahr 1961 gestoßen. Eine erschütternde Prophezeiung, die Kruse sich zu Herzen hätte nehmen müssen: “Und aus dem Schal heraus, der Fahrer: „Passen Sie auf / Nichts hinter tra-la zwischen sich zu lassen.“ Dieses geheimnisvolle “tra-la” kann eigentlich nur als Euphemismus für die 75.000 Euro Bargeld verstanden werden, die Kruse am 18. Oktober 2015 in den frühen Morgenstunden bei einem Berlinbesuch in einem Taxi liegen gelassen hat. Wenn Kruse sein Akzente-Abo – dessen Existenz, wie alle höchstpersönlichen Genüsse, nicht unumstritten ist –, nicht verfallen lassen hätte, dann hätte er die vier MacNeice Gedichte, aus der deutschsprachigen Erstübersetzung von Jonis Hartmann und Henry Holland, die in der 3/2015 Ausgabe erschienen sind, zweifelsohne gelesen. Die Kruse wiederum, nach kurzem Googeln, auf die von Holland zitierte Erstübersetzung von Die Taxis ganz gewiss gebracht hätte, und auf ihrer unmissverständlichen Weissagung: “Und aus dem Schal heraus, der Fahrer: „Passen Sie auf / Nichts hinter tra-la zwischen sich zu lassen.“ Und die Moral der Geschichte? Wenn wir künftig ein verlässliches Orakel für die liebenswerten Patzer unserer Bundesligahelden haben möchten, muss ein Verleger nicht also tief in die Tasche greifen, und sich zum Verlegen Hartmanns und Hollands Erstübersetzung von MacNeice verpflichten. Und das noch am besten zeitlich zur Leipziger Buchmesse.
 
Nachschrift: Der gebürtige Carrickferguser (Nordirland), Louis MacNeice (1907-1963), soll bei einem von Whiskey beflügelten Irlandbesuch mit Dominic Behan in 1958 über mehrere Wochen es wiederholt versäumt haben, seine Abgabe-Deadlines für die BBC zu schaffen. Dennoch, oder gerade deswegen, ist er zu einer der herausragenden Lyrik-Persönlichkeiten des vergangenen Jahrhunderts avanciert. 


DIE TAXIS


Im ersten Taxi war er allein tra-la

Nichts extra auf der Uhr. Neun Pence Trinkgeld 

Doch der Fahrer, als er dankte, schaute schief

Als hätt sich da einer die Fahrt erschnorrt.



Im zweiten Taxi war er allein tra-la

Aber sechs Pence extra auf der Uhr; das Trinkgeld entsprechend

Und aus dem Schal heraus, der Fahrer: „Passen Sie auf

Nichts hinter tra-la zwischen sich zu lassen.“



Im dritten Taxi war er allein tra-la

Doch die Klappsitze waren unten und es gab was extra drauf

Anderthalb Shillings, und seltsamer Duft

Erinnerte an eine Reise nach Cannes.



Was das vierte Taxi angeht, war er allein

Tra-la, als er es anhielt aber der Fahrer

Durchschaute ihn und sagte: „Ich kann wohl tra-la nicht

So viele Leute mitnehmen, vom Hund nicht zu sprechen.“


(Originaltext: Collected Poems, 2007. Edited by Peter MacDonald. Um 'The Taxis' auf Englisch und unsere Übersetzung dasselbe zu zitieren, berufen wir uns auf §51 UrhG in Deutschland, das die Verwendung von Zitaten regelt. Die allgemeine Begründung dafür ist, dass Zitate der kulturellen und wissenschaftlichen Weiterentwicklung einer Gesellschaft dienen. Das Originalgedicht kann man hier nachlesen: The Taxis.)

Übersetzung von Jonis Hartmann und Henry Holland, März 2016